Du überlegst, als Künstler*in den Schritt in die Schule zu gehen und Kunstlehrer*in zu werden? Vielleicht suchst du nach einer neuen Herausforderung, hast einfach Lust auf den Beruf oder wünschst dir mehr finanzielle Sicherheit? Dabei hast du aber gleichzeitig Zweifel, wie du dich selbst und deine künstlerische Identität bewahren kannst? Ich kann diese Fragen gut nachvollziehen und möchte dir ein paar Fragen mit auf den Weg geben, die dir bei der Entscheidungsfindung weiterhelfen können.
Als Künstler*in im schulischen Korsett
Eines vorweg: Ich bin ein großer Fan davon, wenn Künstler*innen den Weg in den schulischen Kunstunterricht gehen. Sie bringen eine super wichtige Perspektive mit – eine, die das Potenzial hat, den Kunstunterricht und das Verständnis von Kunst grundlegend zu bereichern. Dennoch ist der Schritt als Quereinsteiger*in in die Schule oft mit Bedenken verbunden. Vielleicht fragst du dich, ob diese Entscheidung eine tiefgreifende Veränderung in deinem beruflichen und künstlerischen Leben bedeutet. Die Antwort ist eindeutig: Ja, das wird sie ganz sicher. Aber diese Veränderung birgt nicht nur Herausforderungen, sondern auch die Möglichkeit, deine künstlerische Praxis in einem neuen Kontext weiterzuentwickeln.
Eine der zentralen Fragen, die sich viele Künstler*innen stellen, ist: Wie kann ich meiner künstlerischen Identität treu bleiben, während ich den Anforderungen des Lehramts gerecht werde? Diese Frage ist entscheidend, denn es gibt viele Kunstlehrer*innen, die im Schulsystem kapituliert haben – sei es, weil das Korsett der schulischen Strukturen zu eng war, die Herausforderungen überwältigend erschienen oder weil sie sich schlicht mehr Raum für ihre eigene künstlerische Praxis gewünscht haben.
Doch ich kenne ebenso viele Künstler*innen, die diesen Schritt gewagt und es geschafft haben, ihre künstlerische Identität zu bewahren. Sie haben trotz der strengen Vorgaben und Normen in der Schule Wege gefunden, sich nicht in den Strukturen zu verlieren. Und ich empfinde sie als eine große Bereicherung für die Schüler*innen – und die Schule und die Schüler*innen bereichern auch sie.
Künstler*in nicht an der Schulgarderobe abgeben
Wenn du darüber nachdenkst, den Quereinstieg als Kunstlehrer*in zu gehen, möchte ich dich ermutigen, den*die Künstler*in in dir nicht an der „Schulgarderobe“ abzugeben. Dies ist eine Lektion, die ich von meiner ehemaligen Professorin, Prof. Dr. Christina Griebel, gelernt habe. Sie ermahnte uns regelrecht, unsere künstlerische Haltung auch im Schulalltag zu bewahren – das hat mich nachhaltig geprägt.
Künstler*in bleiben im Schulalltag
Der Schulalltag fordert definitiv eine gewisse Anpassung. No question. Lehrpläne, Strukturen und Erwartungen an den Unterricht sind klare Vorgaben, die die Arbeit an der Schule prägen und sehr eng machen können. Doch gerade hier liegt vielleicht auch der Reiz und gleichzeitig die Chance: Wie gelingt es, innerhalb dieser festen Rahmenbedingungen neue Räume und Perspektiven zu öffnen?
Das bedeutet nicht, die Regeln des Schulalltags komplett zu ignorieren, sondern sie wahrzunehmen, zu hinterfragen und bewusste (künstlerische) Entscheidungen zu treffen. Die Kunst besteht darin, die bestehenden Regeln zu sehen und zu verstehen, um sie an den richtigen Stellen zu hinterfragen und Raum für kreative Prozesse zu öffnen. Diese Haltung fordert Reflexion: Wie kannst du die Strukturen der Schule durchbrechen, ohne dabei deine Verantwortung als Lehrkraft zu vernachlässigen?
Zwischen Realität und Anspruch
In meiner Idealvorstellung von Schule begleitest du als Künstler*in und Lehrer*in die künstlerischen Prozesse deiner Schüler*innen. Leider, im derzeitigen Schulsystem, häufig komplette Utopie. Lehrer*innen, die mit diesem Anspruch in die Schule gegangen sind, finden sich plötzlich mit Ausmalbildern in der Hand wieder. Yes. Es ist einfach die einzige Möglichkeit, die sie gefunden haben, 30 Kinder im Kunstunterricht irgendwie ruhig zu stellen. Und, hey, go with the flow. Aber viele finden auch trotzdem immer wieder Räume und Möglichkeiten, künstlerische Prozesse entstehen zu lassen.
Und ein Ausmalbild kann auch so aussehen (Schülerarbeit – I love it!):
Wie du Räume schaffst, in denen kreatives Denken und Schaffen trotz der Vorgaben Platz findet, liegt auch an deinem Mut, das Gegebene infrage zu stellen.
Kunst als Kommunikationsmedium mit den Schüler*innen
Eine weitere Frage, die du als Künstler*in vielleicht in den Quereinstieg mitnehmen kannst, ist: Wie kannst du Kunst auch als Kommunikationsmedium mit den Schüler*innen (und Kolleg*innen) nutzen? Wie kannst du auf Situationen in der Schule künstlerisch reagieren? Wie kannst du damit positiv irritieren, inspirieren, Räume öffnen?
In einer meiner ersten Stunden habe ich zum Beispiel mal den Sound in einer sehr lauten Klasse aufgenommen, künstlerisch verarbeitet und in der nächsten Stunde den Unterricht damit begonnen. Und yes, mein Einstieg war auch laut!
Die Balance zwischen Lehrer*in und Künstler*in
Eine zentrale Frage, die dich wahrscheinlich auf deinem Weg begleiten wird, ist die Balance zwischen der Rolle als Lehrer*in und deiner Identität als Künstler*in. Der Schulalltag frisst dich als Lehrer*in so leicht auf und drängt deine eigene künstlerische Praxis in den Hintergrund. Doch für die meisten Künstler*innen ist es essentiell, sich diesen Teil ihrer Identität zu bewahren – nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Schüler*innen, die von der künstlerischen Authentizität profitieren können.
Eine weitere Frage, die du dir also von Anfang an stellen kannst, ist: Wie schaffst du es, dem*der Künstler*in in dir weiter Raum zu geben? Und wie groß darf oder muss dieser Raum sein? Wer oder was hilft dir dabei, diesen Raum zu wahren?
Fazit: Ist der Quereinstieg als Künstler*in was für dich oder nicht?
Wenn du überlegst, den Quereinstieg ins Lehramt zu machen – hier ein kleiner Spoiler: Ich kenne keine Kunstlehrer*in – egal, ob Quereinstieg oder nicht – die nicht mit großen Ideen in die Schule gegangen ist und nicht auch irgendwie erst einmal krass desillusioniert war. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen dem, was sie sich unter Kunstunterricht vorgestellt haben, und dem, was im derzeitigen Schulsystem möglich ist. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das entspricht der Realität von dem, was ich mitbekomme. #Schulemussanders #Bildungswendejetzt
Ob du damit umgehen kannst und einen Umgang findest, kannst du nur selbst ausprobieren und herausfinden. Aber diese Herausforderungen anzunehmen, damit zu spielen und eine künstlerische Auseinandersetzung damit zu finden, kann wirklich unglaublich viel Spaß machen und bereichernd sein. Kunst ist per se ein Raum der Reflexion – sowohl für dich als Künstler*in als auch – im Iealfall – für deine Schüler*innen.
Wenn du diesen Raum, so oft es halt geht, im Unterricht öffnest, ermöglichst du nicht nur kreative Prozesse, sondern schaffst auch einen Ort, an dem Fragen gestellt, Dinge hinterfragt und neue Sichtweisen ausprobiert werden können. Dies erfordert eine Schule, die zu dir passt, aber auch Mut und Offenheit – sowohl von dir als auch von deinen Schüler*innen. Doch gerade in dieser Offenheit liegt die Stärke des künstlerischen Unterrichts.
Im besten Fall wird der Unterricht – zumindest immer mal wieder – zu einem Ort des Dialogs, in dem sowohl du als Lehrkraft als auch die Schüler*innen voneinander lernen. Es ist kein einseitiger Prozess, bei dem du ausschließlich Wissen vermittelst. Vielmehr kann der Unterricht ein kreatives Miteinander sein, in dem du deine künstlerische Identität weiterentwickelst, während du gleichzeitig deine Schüler*innen auf ihrer eigenen Reise begleitest.
Du wünschst dir Unterstützung?
Hast du das Gefühl, dass dich der Weg als Kunstlehrer*in reizt, aber auch verunsichert? Fühlst du Zweifel oder innere Widersprüche, die du nicht allein lösen kannst? In meinem Coaching geht es nicht darum, dir fertige Antworten zu geben, sondern dich dabei zu unterstützen, deine eigenen Fragen zu formulieren und Entscheidungen zu treffen, die dir entsprechen.
Kontaktiere mich gerne, wenn du das Gefühl hast, dass du dir Unterstützung bei der Entscheidungsfindung wünschst.