​​Psychische Belastung im Lehrer*innenberuf: Mit diesen 5 Tipps bereitest du dich noch heute auf stressige Klassen vor

Auf dem Bild sind die 5 Tipps für Lehrkräfte zu sehen, die sich aufgrund stressiger Klassen psychisch belastet fühlen.
Wenn du dich als Lehrer*in aufgrund bestimmter Klassen psychisch belastet fühlst, versuche die Übungen regelmäßig zu wiederholen.
Auf dem Bild sind die 5 Tipps für Lehrkräfte zu sehen, die sich aufgrund stressiger Klassen psychisch belastet fühlen.

Einleitung

Psychische Belastung: Wenn die 10b deinen Unterricht heute mal wieder auseinandergenommen hat, kann der Gedanke an die nächste Stunde in der Klasse lähmen. Als ehemalige Lehrerin in Berlin kenne ich das nur zu gut: Herausfordernde Schüler*innen, unruhige Klassen und miese Arbeitsbedingungen. Ich möchte dir für diese Situationen eine mentale Vorbereitung ans Herz legen, die mir selbst als Lehrerin sehr geholfen hat – gerade in dieser Form inspiriert durch eine Fortbildung mit Claudine Nierth. Die Methoden können gerade in stressigen Klassen dazu beitragen, die Situation zu entspannen und deine mentale Gesundheit zu verbessern.

1. Selbstwahrnehmung: Spüre, was in dir vorgeht

Was immer erstmal gut ist, zu checken, wie du eigentlich selbst gerade drauf bist. Das kannst du am Abend vor einer entsprechenden Klasse machen oder bevor du den Unterricht betrittst. Ich habe es gerne auf meinem Schulweg mit dem Fahrrad in Berlin gemacht. Oder die U-Bahn ist auch ein super Ort dafür. Und zwar, nimm dir 2–3 Minuten Zeit für einen kurzen Body-Check:

  1. Körperwahrnehmung
    • Wo sitzt gerade Spannung? Nacken, Kiefer, Schultern?
    • Wie ist dein Stand? Stehst du fest oder wankst du?
  2. Gefühle & Gedanken
    • Hast du Angst, Gereiztheit oder vielleicht schon Resignation?
    • Welche Gedanken kreisen gerade in deinem Kopf?
  3. Atembeobachtung
    • Atme ganz bewusst ein und aus – ist dein Atem flach oder tief?
    • Nimm wahr, ob du den Atem anhälst, wenn du an die bevorstehende Stunde denkst.

Tipp: Schreib dir kurz in ein Notizbuch, was du spürst. Allein das Aufschreiben schafft oft schon Distanz zum Stress.


2. Fokussierungsübung: Das imaginierte Streichholz

Je nachdem wie geübt du bist, kannst du diese Übung mit einem echten Streichholz in der Hand machen oder das Streichholz imaginieren. Für Variante 1 nimmst du einfach ein Streichholz in die Hand und nimmst ihn 5 Minuten achtsam wahr. Wie fühlt er sich an? Was siehst du? Was riechst du? Welche Gedanken kommen auf? Für die Imaginationsübung stellst du auch einen Timer auf 5 Minuten und stellst dir das Streichholz vor:

  1. Vorstellung
    • Setze dich aufrecht hin und schließe die Augen.
    • Stell dir ein einzelnes, unverbrauchtes Streichholz vor – so klar und detailliert wie möglich.
  2. Ablenkung zulassen
    • Ganz automatisch wirst du abdriften: Geräusche, Gedanken, Gefühle tauchen auf.
    • Nimm das wahr, ohne dich zu verurteilen.
  3. Zurückkehren
    • Lenke deine Aufmerksamkeit sanft wieder zurück auf das Streichholz.
    • Wiederhole diesen Zyklus für 5 Minuten.

Warum das wirkt: Du trainierst deine Aufmerksamkeitsmuskulatur und lernst, in herausfordernden Momenten schneller wieder ins Hier und Jetzt zurückzukehren.


3. Stimmung im Klassenraum erspüren & anpassen

Jede Klasse hat eine eigene Schwingung – eine Mischung aus Energie, Stimmung und Gruppendynamik. So nutzt du das für dich:

  1. Visualisierung
    • Nimm dir am Abend vor dem Unterricht in der stressigen Klasse kurz Zeit.
    • Schließe die Augen und stelle dir deinen Klassenraum vor, so wie er sein wird.
    • Nimm intuitiv wahr: Ist die Stimmung hektisch, genervt, zurückhaltend oder sogar gelangweilt?
  2. Resonanz finden
    • Suche innerlich nach der „Resonanzfrequenz“ der Klasse – so, als würdest du ein Radio auf den passenden Sender einstellen.
    • Sobald du sie gefunden hast, bringe deine eigene innere Haltung in Übereinstimmung:
      • Bei hoher Unruhe senke dein Tempo und sprich ruhiger, baue Pausen ein und reduziere die Informationen auf das absolut Wesentliche.
      • Gereiztheit kannst du vielleicht auch mit Humor begegnen.
      • Bei Passivität möchtest du vielleicht eher mitreißen.

Ziel: Nicht gegen die Energie zu kämpfen, sondern sie zu kanalisieren – so wirst du zur sicheren Ankerperson. Finde dafür deine eigene Sprache und Energie.


4. Einzelvorstellung: Die Schüler*innen in ihrem Sein sehen

Eine meiner wertvollsten Erkenntnisse: Wenn du dir jede*n Schüler*in einzeln vorstellst, gewinnst du tiefes Verständnis für ihre Bedürfnisse:

Beziehungsarbeit ist der Grundpfeiler für gelingenden Unterricht. In stressigen Klassen kann es hilfreich sein, dir die Schüler*innen am abend vor dem Unterricht alle einzeln vorzustellen. Dadurch kannst du tiefes verständnis entwicklen und deine eigene psychische Belastung reduzieren.
  1. Kurze Portrait-Visualisierung
    • Nimm dir ca. 30 Sekunden pro Person:
      • Stell dir die Person vor allem einfach vor.
      • Wie sitzt sie?
      • Welche Emotion liegt auf ihrem Gesicht?
      • Was könnte sie gerade brauchen?
      • Was drückt sie aus?
  2. Bedürfnisse und Ressourcen
    • Überlege, welche Stärken und Sorgen jede*r mit in die Stunde bringt.
    • Vielleicht sehnt sich eine Schülerin nach Wertschätzung, ein Schüler nach klaren Regeln.

Wirkung: Du erschließt dir eine Ganzheitsperspektive, die Gespräche und Unterrichtssituationen in puncto Empathie und Wirksamkeit völlig verändern kann.


5. Kurze Wiederholungen im Tagesverlauf

Alle vorgestellten Übungen eignen sich, mehrmals am Tag – besonders vor den Stunden mit schwierigen Klassen – schnell wiederholt zu werden:

  • Body-Check in den ersten zwei Minuten der Pause
  • Streichholz-Fokus auf der Toilette
  • Resonanzabgleich am Zimmer­eingang
  • Einzelvorstellung, der besonder heruasfordernden Schüler*innen direkt vor Betreten des Raumes

So entwickelst du nachhaltige Routinen, die deinen Umgang mit stressigen Klassen nachhaltig verbessern und deine psychische Belastung als Lehrer*in reduzieren können.


Fazit: Vorbereitung als Schlüssel zur Selbstermächtigung

Vorbereitung heißt nicht nur Stundenplanung und Materialcheck, sondern vor allem mentales Einstimmen. Denn Unterrichten ist zum großen Teil Beziehungsarbeit. Wenn du deine inneren Signale wahrnimmst, bewusst fokussierst, Klassenstimmung und Individuen erspürst, kannst du nicht nur handlungsmächtiger werden – du gestaltest deine Lehrtätigkeit auch erfüllender und gesünder. Und mir persönlich haben die Begegnungen auf Beziehungseben und die Momente, in denen ich das Gefühl hatte, eine Klasse “geknackt” zu haben, immer super viel gegeben! Gerade auch, wenn ich mir die guten Beziehungen in gewisser Weise erarbeiten musste.

Wenn du dich für Persönlichkeitsentwicklung interessierst, schau doch mal auf meiner Website vorbei. Ich biete Coaching- und Therapie-Einzelsitzungen sowie Gruppenangebote für Lehrer*innen und Referendar*innen an.

  • Über die Autorin

    WER BIN ICH?

    Wiebke Heiber
    Gründerin Teacherscare

    Ich bin Wiebke Heiber, habe immer wieder als Lehrerin gearbeitet und wollte Schule schon immer verändern. Lange hatte ich das Gefühl, es müsse sich einfach alles ändern. Das fühlte sich so überfordernd an, dass ich lieber gar nichts gemacht habe.


    Und ja, Bildung muss endlich höchste Priotität und damit Ressourcen und Wertschätzung auf politischer Ebene erhalten. Und gleichzeitig empfinde ich es als frustrierend nur auf dieser Ebene anzusetzen und auf Änderungen zu warten, während der Schulbetrieb weiter läuft.

    Deswegen möchte ich Lehrer*innen dahingehend stärken, dass sie für sich und ihre Werte einstehen. Und vorhandene Gestaltungsräume wahrnehmen, nutzen und vergrößern.

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